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Pilgerort Weggis – ein Ort für Luftsprünge und Rolls-Royce?

Lange Zeit war es üblich, dass die meisten Weggiser Hotels im Winterhalbjahr geschlossen blieben. In den 1970er Jahren mietete in dieser Pause einer der wohl berühmtesten Gurus, die „Heiligkeit Maharishi Mahesch Yogi“ mit seinen Anhängern, die Hotels Hertenstein, Albana, Paradies, Alexander und Belvedere sowie das Parkhotel Vitznau.

Karl Hasler vermietete im Herbst 1976 das Hotel Seeblick sogar ganzjährig an die Organisation. Schon bald freundete er sich mit Maharishi Mahesch Yogi an und begleitete ihn auch nach Indien. Im Hotel Seeblick entstand danach die «Maharishi European Research University» (MERU), eine Forschungsstätte für die wissenschaftliche Untersuchung der Wirkung von Meditation.

Die NZZ schrieb dazu am 9./10. April 1977: „Es soll bereits auch in Weggis die Registrierung eines transzendentalen Luftsprungs von einigen Metern gelungen sein…“.

Der ehemalige Weggiser Lehrer Hans Sager erinnert sich: „Es waren eher die Anhänger Yogis, die den Luftsprung propagierten und nicht Yogi selber. Yogi plante damals, für die MERU den Hertenstein und das Eggisbühl zu kaufen sowie eine Rotonde auf dem See für Seminare zu installieren. Ich erlebte vieles hautnah mit, denn ich arbeitete während drei Saisons als Koch für die Yogis. Allerdings traf ich als gelernter Koch ein grosses Durcheinander an, denn einige Seminarteilnehmer arbeiteten ihr Kursgeld in der Küche und in der Hotellerie ab, d.h. sie waren völlige Laien. Auch wenn ich parallel den Vorkurs des Lehrerseminars zu absolvieren hatte, blieb mir genügend Zeit, um Ordnung in den Betrieb zu bringen. Das Meditieren verhalf mir, mich zu fokussieren und problemlos alles nebeneinander zu bewältigen. Sämtliche Lebensmittel wurden im Dorf eingekauft. Es wurden nur Frischprodukte verwendet und man ass vegetarisch.“ 


Neben dem Seeblick entstand ein Helikopterlandeplatz für Yogi und finanzstarke Gäste. Ab und zu fuhr der Guru mit seinem Rolls-Royce vor. Diese in Weggis eher unüblichen Verkehrsmittel, die indisch-amerikanische «Invasion» und das Vorhaben, sich in Hertenstein definitiv einzunisten, war den Weggisern dann doch zu suspekt. 1980 wurde der Pachtvertrag vom Hotel Seeblick gekündigt und die Yogis zogen sich zurück. Der Seelisberg wurde zu ihrem neuen Zentrum.


Hätten die Yogis in Weggis Fuss fassen dürfen: Vielleicht wären die Beatles und die Rolling Stones nicht nach Indien, sondern hierher zu ihrem Guru gepilgert und die Rolls-Royce würden heute ganz selbstverständlich zum Strassenbild gehören.



Quellen:
Der Jogi und seine Physiker. Ein Augenschein in den TM-Zentren Weggis und Seelisberg. NZZ vom 9./10. April 1977
Aufgezeichnetes Gespräch mit Hans Sager am 30.10.2023
Rückmeldungen von Verena Hasler, Hotel Alexander, vom 31.10.2023

Bild: Yogi in Weggis. Das Luzern Foto Archiv. NB760112-1-7.jpg

Inventarnummer 13442, K032 / Karin Bernath